Die europäischen Kulturlandschaften kommen unter die Räder und verwandeln sich flächendeckend in riesige Industriegebiete. Wenn es nach den Energiewendern geht, müssen wir das schön finden.
Von Georg Etscheit
Telefonat mit einem entfernteren Verwandten, betagt, aber noch wach und lebenslustig. Er ist promovierter Historiker, Musik liebend, gebildet, sensibel, Ästhet durch und durch. Es geht um die Landschaftszersiedlung. Schrecklich, meint er. Diese Betonklötze überall, die Neubau- und Gewerbegebiete. Bald bleibe nichts mehr übrig von der Schönheit vergangener Zeiten. Und die Windräder, wirft man ein, um Zustimmung heischend, das sei doch der endgültige Todesstoß für unsere Landschaften. Ach, entgegnet er leichter Hand, um die gehe es ihm nicht. Irgendwoher müsse der Strom ja kommen?
Wie kommt es, dass ein Mensch, der sich Jahrzehnte lang hauptberuflich darum kümmerten und dafür kämpfte, altes Kulturgut zu erhalten, die verheerenden landschaftsästhetischen Auswirkungen von mittlerweile rund 30 000 Windkraftwerken landauf, landab, nicht wahrnimmt? Und der noch dazu in einer Region lebt, die von der Windindustrie nahezu vollständig massakriert, ihres einstigen, anmutigen Charakters beraubt und in ein riesiges Industriegebiet verwandelt wurde. Wie kann man den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen? Wie kann man offenbar die eigenen Wertmaßstäbe, das Urteil darüber, was schön und nicht schön ist, so vollständig verdrängen oder gar verraten? Hässlich ist das neue Schön weiterlesen →