Eine wirtschaftliche Betrachtung von Windkraftanlagen in Süddeutschland

Von Thomas Schürmann

Im folgenden Beitrag befasst sich der Dipl.-Betriebswirt und Unternehmensberater Thomas Schürmann aus Ottobrunn bei München detailliert mit der Frage, ob der Bau und Betrieb von Windkraftanlagen in einem Schwachwindgebiet wie Südbayern wirtschaftlich sinnvoll ist. Sein Fazit: Wer in Süddeutschland in Windräder investiert, könnte aus betriebswirtschaftlicher Sicht sein Geld genauso gut in den Bananenanbau in Grönland stecken – wenn es denn die staatlichen Subventionen nicht gäbe. Doch auch mit ihnen bleibt es ein ökonomisches Vabanquespiel.

Teil 1: Warum werden in Grönland keine Bananen angebaut?

Manch einer wird sich wundern über diese Frage, denn die Antwort scheint auf der Hand zu liegen, schließlich sind die klimatischen Bedingungen in Grönland für den Bananenanbau äußerst ungeeignet. Sie würden dort ausschließlich in Gewächshäusern zu hohen Kosten angebaut werden können, da macht es mehr Sinn sich auf andere Geschäftsfelder zu konzentrieren und in einer arbeitsteiligen Welt die Bananen zu importieren.

So einleuchtend dies im Falle des Bananenanbaus  in Grönland scheint, ist sie es aber nicht mehr, wenn wir über den Bau von Windrädern in Deutschlands Süden sprechen. Diese Region ist für den „Anbau zur Ernte von Windenergie“ im weltweiten Maßstab völlig ungeeignet, weil sie zu den windärmsten Regionen der Welt gehört.1)

Jeder BWL- oder VWL-Student lernt im ersten Semester Ricardos Gesetz der komparativen Kostenvorteile unterschiedlicher Standorte, welches trotz gewisser Kritik bis heute, empirisch bestätigt, die Grundlage des internationalen Handels und der Globalisierung ist.2)

Dieses Gesetz gilt sowohl im internationalen, im nationalen und im regionalen Maßstab, deshalb sollten, bezogen auf die europäische und deutsche Energiepolitik, die Gestehungskosten (levelised costs of energy, LCOE) von Strom und Wärme in unterschiedlichen Regionen herangezogen werden, um die optimalen Standorte der verschiedenen Erzeugungsanlagen von Energie miteinander zu vergleichen. Dies gilt im Prinzip für alle Energieerzeugungsanlagen, ganz besonders aber für jene, die die Energie nicht im Energieträger selbst gespeichert haben (Fossil, Atom, Biomasse und Biogas, alle Speicher), sondern die Energie direkt aus der Natur umwandeln müssen (Laufwasser, Sonne, Wind).

Leider scheinen diese grundlegenden Erkenntnisse bei vier süddeutschen Ministerpräsidenten einschließlich ihrer teuren Beraterstäbe unterschiedlichster politischer Färbung nicht bekannt zu sein, denn anders ist ein Brief nicht zu erklären, den diese Ministerpräsidenten kürzlich an die EU-Kommission geschickt haben, um ein weiteres Privileg zu erreichen.3)

Zur Erinnerung: Die Windkraft hat bereits das Privileg jederzeit und 20 Jahre lang zu einem festen, marktunabhängigen Preis die erzeugte Energie außerhalb des Merit-Order-Verfahrens ins Netz einspeisen zu dürfen. Hinzu kommt für die besonders schlechten Windgebiete, wie zum Beispiel generell in Südbayern, eine Zusatzförderung von 35% je eingespeister kWh, da diese Gebiete besonders windarm sind – so wie es wenig warme Sonnentage für den natürlichen Bananenanbau in Grönland gibt. Mit dem EEG 2017 wurde erstmals der Versuch unternommen, die längst zur Kostenlawine angewachsene, trittinsche Eiskugel mittels erster markwirtschaftlicher Ansätze zumindest im Zuwachs zu begrenzen.4)

Dazu werden von der Bundesnetzagentur seit 2017 mehrmals pro Jahr und für jeden Energieträger getrennt Ausschreibungsverfahren durchgeführt. In den Gebotsverfahren werden die Zuschläge nach dem sogenannten anzulegenden Wert ermittelt. Der anzulegende Wert stellt dann die fixe Summe aus Börsenerlösen und (subventionierter) Marktprämie dar. Dieser ist noch nicht korrigiert um die Bonus-/Malusregelungen, d.h. für einen Betreiber im Süden kommt da noch der oben erwähnte 35%-Zuschlag hinzu. Ein Windrad im Süden Deutschlands genießt also bereits drei Subventionen: Erstens die Einspeisebevorrechtigung und damit die eingesparten Vertriebskosten, zweitens die beschriebene, immerhin in einem marktwirtschaftsnahen Gebotsverfahren ermittelte Marktprämie, drittens den erwähnten 35%-Zuschlag für den besonders ungeeigneten Standort.

Drei Subventionen reichen aber den offensichtlich jeder marktwirtschaftlicher Effizienz abgeneigten Herren Bouffier, Kretschmann und Söder sowie Frau Dreyer nicht. Denn jetzt soll zusätzlich noch eine „Südquote“ her, welche die Gebote für Projekte aus dem Süden aus dem bescheidenen marktwirtschaftlichen Verfahren wieder heraustrennen soll. Dabei zeigt das Verfahren nur, dass diese Standorte trotz höchster Subventionen a priori unwirtschaftlich sind und nur die Stromrechnung weiter verteuern würden, wo doch Deutschland schon jetzt die höchsten Stromkosten der G20 hat.5) Man kann also nur hoffen, dass die EU-Kommission, Green Deal hin oder her, sich diesem Ansinnen verweigert.

Aber vielleicht spielt Wirtschaftlichkeit ja auch keine Rolle mehr bei dem Projekt, dass weltweit, je nach Standpunkt, mal mit Bewunderung, häufiger aber wohl mit Verwunderung beobachtet wird. Ein Eingeständnis des endgültigen Scheiterns wäre in der Tat peinlich, nachdem „Germany‘s Energiewende“ mittlerweile Eingang in fast jede Sprache und jedes Energieseminar weltweit gefunden hat.6) 7)

An dieser Stelle sind vielleicht zwei Klarstellungen sinnvoll:

Erstens ist der Autor dieses Artikels schon für eine Umgestaltung der Energieversorgung eingetreten, da sprach noch niemand von Klimanotständen. Allein die Begrenztheit der Ressourcen bei einem jährlich um 1,5% zunehmendem Weltenergiebedarf sollte uns nach Alternativen zum Status Quo suchen lassen.8)

Zweitens sei darauf verwiesen, dass es in diesem Text ausschließlich um eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der verschiedenen erneuerbaren Energien und insbesondere der Windkraft geht. Alle anderen Betrachtungsweisen hinsichtlich Naturschutz, Artenschutz, Landschaftsbild, Gewässerschutz, Immobilienpreisauswirkungen, Lärm und Infraschall, Gefährdungen durch Brand und fiese Fasern usw. bleiben in dieser Betrachtung außen vor, was natürlich nicht heißt, dass sie unwichtig wären.

 

Teil 2: Überlegungen zu „Germany’s Energiewende“ und zum „EU Green Deal“

Nachdem im ersten Teil hinreichend herausgearbeitet wurde und nun allen Lesern bewusst sein sollte, dass Windkraftanlagen(WKA) im Süden Deutschlands ausschließlich durch mehrfache, üppigste Subventionen gebaut und betrieben werden können, sollen einige wichtige Rahmenbedingungen für eine gelingende und bezahlbare Energiewende andiskutiert werden.

Erstens sind naturabhängige Energieanlagen zukünftig bevorzugt dort einzusetzen, wo dafür optimale Voraussetzungen gegeben sind. Bei Laufwasser sind dies gebirgige Regionen mit viel Wasser und Gefälle, wie in Europa vor allem Norwegen und Schweden, aber auch in Österreich, Schweiz und Slowenien. Bei Windkraft wären dies zunächst die Küsten von Norwegen, Schottland und Irland, ebenso die Ägäis, mit etwas schlechterer Qualität auch Bereiche der Nord- und Ostseeküste. In Deutschland herrscht onshore ein klares Nord-Süd-Gefälle, national und wirtschaftlich betrachtet sollten WKA also wenn, dann im Norden platziert werden, weil dort die Gestehungskosten (LCOE) deutlich niedriger liegen. Genau anders herum sieht es bei der Sonnenenergie aus, die vor allem in Europas Süden niedrige Gestehungskosten bietet, während der Norden aufgrund von geringerer Einstrahlungsintensität und meteorologischen Bedingungen deutlich höhere Gestehungskosten aufweist. In Deutschland gibt es hier ein klares Süd-Nord-Gefälle bei den LCOE. Hier erkennt man die Sinnlosigkeit in jedem Bundesland 2% der Fläche für WKA ausweisen zu wollen. Rein wirtschaftlich macht es national betrachtet – zurück zu Ricardo aus Teil 12)– aufgrund komparativer Kostenvorteile in Norddeutschland mehr Sinn WKA zu erreichten, im Süden Deutschlands sind PV-Freiflächenanlagen im Vorteil (Dachanlagen bleiben bei diesen Betrachtungen mal außen vor). Eine Sonderrolle spielt im Süden Bayerns noch die Tiefengeothermie, der mittelfristig eine viel größere Rolle bei der Nahwärmeversorgung zukommen sollte (und nur dort, die Verstromung ist ein weiterer EEG-Subventionsirrweg!). Immerhin macht die Wärmeversorgung heute rund 50% des gesamten Energiebedarfs und damit der CO2-Emissionen aus. Sie bietet somit enormes Potenzial und Geothermie entlastet zusätzlich das Stromnetz, anders als die Wärmeversorgung mittels Sektorkopplung und Wärmepumpen.

Zweitens zeigen die obigen Beispiele, dass eine gelingende Energiewende ohnehin nicht im nationalen Rahmen sinnvoll zu haben sein wird. Schon heute wird der Strom europaweit in einem Verbundnetz gemanagt und gehandelt und dies ist auch richtig so, denn nur so können die komparativen Kostenvorteile anderer Länder bei Wasser, Sonne und Wind mittelfristig auch uns zu Gute kommen. Immerhin sind die LCOE bei Sonne und Wind in den letzten Jahren erfreulicherweise erheblich gesunken. Man darf aber bei der reinen LCOE-Betrachtung nie vernachlässigen, dass Sonne und Wind fluktuierende, unsichere Energiequellen bleiben, die erhebliche Integrationskosten verursachen. Je größer der Anteil der fluktuierenden Erneuerbaren im Stromnetz wird, desto höher werden die Integrationskosten hinsichtlich Transport, Speicher und Stromnetzmanagement. Diese zusätzlichen Systemkosten liegen bei den derzeitigen Systemanteilen von rund 10% Solar und 27% Wind bei etwa 4,5 Cent/kWh für Solar und bei etwa 5,4 Cent/kWh für Wind in Deutschland. Je höher der Ausbau und damit der Systemanteil steigt, desto höher werden auch die Integrationskosten.9) Sofern die Energiewende in Deutschland und Europa gelingen soll, wären weitere Förderungen zunächst primär in die Bereitstellung von Transport- und Speicherkapazitäten angebracht, statt in weiteren Zubau zu investieren. Davon ist bei der neuen Ampelkoalition leider nicht viel zu sehen, insbesondere fehlt weitestgehend die Technologieoffenheit. Die immer wieder beschworene Speichertechnologie auf Wasserstoffbasis ist noch weit von breiter Marktreife und selbst bei Nutzung des vorhandenen Gasnetzes noch weit von der Bezahlbarkeit entfernt. Sie kann erst in den 30er-Jahren vielleicht einen relevanten Beitrag leisten.10)

Man sollte sich vor Augen führen, dass durch die Erneuerbaren zukünftig zwar die Erzeugung dezentraler erfolgen wird, dass die zur Integration unbedingt notwendigen Planungen und Managementressourcen eines europäischen Energienetzes mit hohem Anteil fluktuierender Erneuerbarer aber unbedingt zentral erfolgen muss – und dies vom Nordkap bis zur Ägäis, von der Küste Portugals bis zum Baltikum und zum Bosporus! Die hohe Komplexität und gegenseitigen Abhängigkeiten von Wind- und Sonnenstrom mit ihren Backup- und Speichersystemen, sowie von den zugehörigen Transportnetzen, macht ein zentrales, europaweit abgestimmtes Vorgehen notwendig. Nationale Befindlichkeiten hätten dann gegebenenfalls zurückzustehen, vor allem wenn es, wie von vielen bis hin zum Bundesverfassungsgericht gefordert, jetzt ganz schnell gehen soll. Sind wir wirklich dazu bereit diese kritische Infrastrukturkompetenz, die heute bei der Bundesnetzagentur angesiedelt ist, an eine europäische Energiebehörde (nicht nur EU!) abzugeben? Werden die Franzosen und Briten das auch tun? Rein national wird die Energiewende nicht gelingen. Als dicht besiedeltes Industrieland mit ungünstigen Wettervoraussetzungen kann Deutschland vielleicht bis 2030 auf dem Papier aus Kohle- und Kernkraft aussteigen, mangels neuer Gaskraftwerke aber niemals aus dem Verbrauch. Der Kohle- und Atomstrom kommt dann, hoffentlich in ausreichender Menge, teuer eingekauft aus den Nachbarländern.11)

Drittens sollte uns bei aller Begeisterung und Selbstbeweihräucherung über unsere geplante Dekarbonisierung mittels Sonnen- und Windenergie klar sein, dass andere Länder und auch die EU andere Wege zur CO2-Vermeidung sehr ernsthaft prüfen. Immerhin ist die Energiewende keine billige Angelegenheit. Bis 2020 wurden bereits 400 Mrd. Euro aufgewendet, bis 2050 könnten es lauf IFO-Institut bis zu 3000 Milliarden werden.12) 13)

Das mit diesen enormen finanziellen Lasten aufgebaute Know-how rund um die Energiewende und die entsprechende, zugehörige Industrie werden nur Früchte tragen, wenn mittelfristig auch andere Länder dem deutschen Bespiel eines Kohle- und Atomausstiegs folgen und eine Dekarbonisierung mittels Wasser, Sonne, Wind und Wasserstoffspeichern anstreben. Selbst ein durchaus wünschenswerter, aber unwahrscheinlicher, weltweiter CO2-Zertifikatehandel würde dafür nicht ausreichend sein. Gedanken eine Art CO2-Einfuhrzoll europaweit einzuführen sind mangels praktikabler Durchführbarkeit ohnehin nur eine weitere Kopfgeburt technokratischen Irrsinns. Durch die bereits stattfindenden Verlagerungen energieintensiver Industrien aus der relativ CO2-armen deutschen Produktion in weniger regulierte Länder kommt es inzwischen durch sogenanntes Carbon Leakage im Endeffekt sogar insgesamt zu einer Erhöhung des CO2-Ausstoßes.14) Um dies zu vermeiden und den hohen Energiekosten entgegenzuwirken fordert die deutsche Industrie jetzt nach einem ebenfalls durch den Steuerzahler zu subventionierenden „Industriestrompreis“15).

Mittlerweile scheint sich außerhalb Deutschlands allerdings die Waage eher in eine andere Richtung zu neigen: Kernkraftwerke feiern weltweit eine Renaissance und vollkommen neue, kleinere Reaktortypen kommen auf den Markt. Selbst in Europa wird unter Führung von Frankreich und einigen osteuropäischen Staaten die Kernkraft als Lösung des Klimaproblems gesehen. Zumindest hinsichtlich des CO2 ist das Argument unbestreitbar. Gleiches gilt, dies hier nur am Rande, auch für die CO2-Abscheidung mittels CCS, von der wir ja hierzulande auch nichts wissen wollen, die vom IPCC aber genau wie die Kernkraft zumindest als Übergangstechnologie empfohlen wird.16) Spätestens wenn in den USA ein von Bill Gates unterstütztes Unternehmen eine neue Technologie an einem ausgemusterten Kohlekraftwerksstandort implementiert, dann sollte man lieber auch hierzulande aufhorchen.17)  Denn wenn sich die neuen Nuklearkonzepte zur Dekarbonisierung global durchsetzen sollten, dann können wir den größten Teil der bisherigen Aufwendungen in unsere Energiewende im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind schreiben.

 

Teil 3: Gedanken zur Wirtschaftlichkeit von WKA im windarmen Süden Deutschlands

Nachdem in den Teilen 1 und 2 einige generelle Überlegungen zum Funktionieren und zur Finanzierbarkeit der Energiewende im Allgemeinen und zur Windkraft im Besonderen gemacht wurden, soll es in diesem dritten Teil ausschließlich um eine betriebswirtschaftliche Betrachtung der Windkraftprojekte, speziell in Süddeutschland, gehen. Es sollen keine Empfehlungen für potenzielle Investoren oder Kommunen ausgesprochen werden, jedoch erscheinen einige Erwägungen sinnvoll.

Zunächst sei noch einmal darauf hingewiesen, dass wohl kein Investor auf die Idee käme in den windschwächsten Gebieten WKA zu erreichten, wenn es dafür nicht die üppigen Subventionen gäbe. Die Subvention ist zwar auf 20 Jahre so angelegt, dass sich ein Investment entsprechend rechnen soll, nach 20 Jahren ist damit aber Schluss und ein wirtschaftlicher Betrieb, zumindest bis heute, nicht mehr möglich. Sobald also ein WKA in Betrieb genommen wird müssen die Herstellkosten plus Nebenkosten, Betriebskosten und Rückbaukosten verdient werden, bevor ein Überschuss eintritt. Der Investor haftet als Kommanditist oder Genosse, auch mit bereits erhaltenen Auszahlungen und in der Höhe seiner ursprünglichen Einzahlung, bis zum ordnungsgemäßen Abbau und der Entsorgung der Anlage nach 20 Jahren.

Laut einer über 10 Jahre durchgeführten Studie von 1400 Jahresabschlüssen kam es bei 37% der Windparks zu Nettoverlusten, schon die Darlehenstilgung war höher als die erwirtschafteten Mittel. Nur etwa ein Drittel der Windparkunternehmen schütteten am Ende zwei oder mehr Prozent Rendite aus. Bei Windparks mit Fondsstruktur lagen zwei Drittel im Defizit oder erreichten gerade plusminus Null. Außerdem waren die Mitbestimmungsrechte der Investoren auf ein Minimum reduziert. 18)

Nun rechnen sich die neuen, 250 Meter hohen Subventionspropeller nach Angaben der Planer und Hersteller vor allem wegen der gesunkenen Herstellkosten bei gleichzeitiger, besserer Leistung durch größere Flügelflächen und leistungsfähigeren Generatoren. Zweifel an der Wirtschaftlichkeit sind trotz aller vollmundigen Versprechungen trotzdem weiterhin angebracht. Potenzielle Investoren und kommunale Verantwortungsträger sollten vor allem folgende Punkte im Auge haben:

Windgutachten und Ertrag: Leider sind die gemessenen Winddaten und Gutachten entgegen allgemein verkündeter Transparenz nie einsehbar. Wohl und Wehe der WKA-Projektplanungen hängen letztlich von der Windhöffigkeit und den Weibullparametern ab19), die auf die ebenfalls immer geheimer gehaltenen Leistungskurven der WKA angewendet werden. Der resultierende, sogenannte P75-Wert ist nur ein Wahrscheinlichkeitswert und insofern ist er „ohne Gewähr“20). Das könnte dazu führen, dass die Gutachter, die ja auch in Zukunft beauftragt werden wollen, im Rahmen ihres Spielraums scheinbar stets zu eher günstigen Beurteilungen der Winderträge und der Wirtschaftlichkeit gelangen. Die Energieausbeute  ändert sich mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit und schon kleine Abweichungen nach unten haben dramatische Konsequenzen für den Ertrag. In diesem Zusammenhang seien jüngste Erkenntnisse des IPCC erwähnt, der aufgrund der deutlich überproportionalen Erwärmung arktischer Gebiete, verglichen mit anderen Teilen der Erde, für Europa mittelfristig 8-10% niedrigere Winde erwartet.21) Für die Windkraftprojekte – nicht nur in Süddeutschland – wäre das ein Desaster, und wer will schon die Erkenntnisse des IPCC „leugnen“.22)

Rückbauverpflichtung und Entsorgung: Bei den meisten Projekten sind die Rückbaukosten zu niedrig angesetzt. Richtungsweisend ist ein Gesetz in NRW, das zumindest 6,5% der gesamten Herstellkosten als verpflichtende Rückstellung vorschreibt. 23)

Es ist zu beachten, dass Anlagen im Wald und/oder gar Wasserschutzgebieten möglicherweise höhere Rückbaukosten erfordern. Ebenfalls gab es zum Zeitpunkt des Erlasses in NRW nicht das Inflationsproblem, denn der Rückbau erfolgt ja zu den Preisen in 20 Jahren. Eine Rückstellungsforderung von 10% erscheint daher angemessen und sollte am besten von Beginn an in zwanzig gleichen Schritten geleistet werden, bei höherer Kredittilgung in den ersten zehn Jahren eventuell auch erst nach zehn Jahren. Aber keinesfalls ist ein Rücklagenaufbau erst nach der Abschreibungsdauer der Anlage von 16 Jahren akzeptabel, wie es häufig praktiziert wird. Das Geld ist ja nicht weg und sollte das Geld am Ende doch nicht gebraucht werden, fließt es danach selbstverständlich den Investoren zu.

Herstellkosten: Zwar wurde in den letzten Jahren eine deutliche Kostendegression, gemessen je installierter kW-Leistung, beobachtet. Allerdings dürften sich diese Kosten aufgrund der Corona-bedingten Engpässe und Materialkostensteigerungen wieder in ihr Gegenteil verkehrt haben. Die letzten Präsentationen der Jahresabschlüsse der börsennotierten Unternehmen Siemens-Gamesa, Vestas und Nordex deutet jedenfalls in diese Richtung. Als Faustformel sollten 1000 EUR je kW-Leistung für die WKA zuzüglich 30% Nebenkosten nicht unterschritten werden, es sei denn eine einsehbare Ausschreibung bestätigt niedrigere Werte.24)

Inflation: Mit zunehmender Inflation sinkt die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Die Vergütungen sind ja für 20 Jahre fixiert, die Wartungskosten, sowie Kosten für Versicherungen, Betriebsführung, Steuerberater usw. steigen allerdings proportional zur Inflationsrate. In der Vergangenheit ist man dabei von maximal 2% Inflationsrate ausgegangen. Derzeit, im Dezember 2021, ist hinsichtlich der Preis- und Kostenentwicklung größte Skepsis angebracht.

Bei diesen Überlegungen sollten wir es hier bewenden lassen. Soweit es sich um private Investitionen handelt muss jeder selbst wissen, was er tut. Angeblich steht ja bei vielen die Rendite auch nicht im Vordergrund, es geht letztlich um einen Beitrag zur Rettung der Welt und des eigenen Seelenheils. Wenn das wirklich so ist, nur zu! Kommunale Verantwortungsträger haben jedoch eine Verpflichtung gegenüber ihren Bürgern und auch dafür die ihnen anvertraute Natur zu schützen. Diese Verpflichtung ist konkret und räumlich definiert, im Gegensatz zu einer globalen Klimaverantwortung. Kommunale Entscheidungsträger sollten sich nur für hochsubventionierte, naturbelastende Infrastrukturprojekte entscheiden, wenn sie wirklich sicher sind, dass dies im langfristigen Interesse der ihnen anvertrauten Kommune ist.

Fazit: Wer in Süddeutschland in Windräder investiert könnte aus betriebswirtschaftlicher Sicht genauso gut in den Bananenanbau in Grönland investieren. Lediglich sehr üppige Subventionen, die von uns allen bezahlt werden müssen, machen den Unterschied. Ob es sich am Ende für Investoren und Gemeinden rechnet bleibt dennoch höchst zweifelhaft. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die „Investition“ ein Strohfeuer ohne Multiplikator. Der teure Windstrom aus Süddeutschland wirkt kostenerhöhend, damit produktivitätssenkend und in der Folge wohlstandsreduzierend.

Thomas Schürmann

 

 

9 Gedanken zu „Eine wirtschaftliche Betrachtung von Windkraftanlagen in Süddeutschland“

  1. Als ehemaliger Vertriebsmanager und Betriebswirt ( jetzt Pensionär) muss ich Ihnen hiermit ein großes Kompliment für Ihre Ausarbeitung aussprechen !!! Deutschland wird zu einer links-grünen “Notstrom-Volksrepublik” und geht wirtschaftlich den Bach runter. Sie haben im Süden allerdings noch einen kleinen WKA-Vorteil, d.h. bei Ihnen gilt NOCH die 10 x h Abstandsregel. Bei uns im Norden (u.a. bei mir in HH-Neuengamme) stehen die Monster 600 m hinter den Häusern und rauben den Anwohnern nachts den Schlaf. Wir kämpfen seit nun 10 Jahren gegen diese hoch subventionierte Belästigung, die wir mit unseren welt-höchsten Strompreisen bezahlen. Ich schicke Ihnen dazu meine Ausarbeitung “Das EEG ein unsoziales Kapitalverbrechen”. M.f.G. Norbert Meyer-Ramien

  2. Man braucht ja nur mal auf unsere umliegenden Äcker sehen mit all den Windradmonstern: Die Zeiten, zu denen sich die Rotoren tatsächlich drehen und damit vielleicht ein Quäntchen an Strom liefern , sind marginal. All diese Windradmonster sind “prachtvolle” (?) Investitionsleichen, verbrennen also nur unser aller Geld in Form vor allem der EEG-Umlage und des hohen Strompreises … aber sie verwüsten in einer absolut abscheulichen Art und Weise unsere eigentlich herrlichen Jurahöhen.
    Man braucht ja nur mal stichprobenartig in “smard” hineinschnuppern und stellt schnell fest, dass es viele Zeiträume gibt, an denen diese so hochgelobten Windräder und Photovoltaikanlagen praktisch keinen nennenswerten Strom liefern. Erst recht nicht im windarmen Süddeutschland.

  3. Lokale Wertschöpfung oder Geldblase?
    Wir haben es bei der Windkraftförderung durch das EEG nicht mit Förderung einer Wertschöpfung in einem Markt zu tun, der die Deckung des Bedarfs von Bevölkerung und Wirtschaft an Elektroenergie zu marktgerechten Preisen zum Ziel hat. Das Ziel scheint ein ganz anderes, was die rasante Strompreisereisentwicklung Deutschlands an die Weltspitze belegt (Z.B. Stand Feb. 2021 Bayern 31,8 ct/ kWh; Tirol 21,2 ct/kWh, Quellen VBEW u. TIWAG Oetz).

    Außerdem findet der Grundbedarf der Bevölkerung an Strom und die Frage nach Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen keine Berücksichtigung mehr.

    Als Ziel erscheint mir die bedingungslose Maximierung der Grünstromproduktion. Es reicht nicht der gültige Emissionshandel, nicht der CO2-Preis mit Steigflug, alles klimabedingte Maßnahmen. Es muss offenbar noch schneller gehen durch immer größeren direkten staatlichen Eingriff.

    In der „Presseinformation Mängel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Bezug auf Verfassungs- und Europarecht“ vom 17.2.2016 von der Humboldt-Universität zu Berlin, vorgelegt von H.-P. Schwintowski, wird ausgeführt: „Anders als bei einer typischen Preis- und Mengenregulierung schafft die EEG-Umlage überhaupt erst Angebot und Nachfrage, die es ohne den gesetzgeberischen Eingriff nicht gäbe. Der Gesetzgeber gibt also die Art der Produkte (Grün-Strom) und die darauf bezogene Nachfragepflicht gesetzlich vor. Das aber ist keine Preisregelung sondern staatlich initiierter Mittelfluss, der den Markt für Grünstromanlagen entstehen lässt und ihn zugleich auf den Schultern aller Letztverbraucher, d.h. der Allgemeinheit, gegenfinanziert.“

    Aus meiner Sicht geht es beim EEG um Schaffung einer künstlich generierten Einkommensblase für Freunde der Windenergie – aber nicht mit Geld vom Staat, sondern durch das Paket hundertprozentiger Umlagen auf Letztverbraucher wie z.B. der EEG-Umlage. Nur so werden auch Geldflüsse nachvollziehbar, die ohne EEG unvorstellbar wären.

    Warum muss z. B. ein Angebot von Windradbetreibern überhaupt von den Letztverbrauchern vergütet werden, wenn dafür keine Nachfrage besteht? Warum muss bei Windstromlieferung ohne Nachfrage mit gleichzeitiger kostenpflichtiger Entsorgung ins Ausland der Letztverbraucher sogar die Zweifachbelastung bezahlen: Erstens volle Vergütung an den Windstromlieferer und gleichzeitig volle Entsorgungsprämie an die bestellten Stromentsorgerfirmen.

  4. Vielen Dank, lieber Herr Schürmann, für diese hervorragende Ausarbeitung!
    Es wird sich bald zeigen, ob die im Koalitionsvertrag angelegte Total-Ignoranz von wirtschaftlichen und sogar physikalischen Sachverhalten bis in die Umsetzung weiter getrieben wird und ob die FDP der von ihren Wählern erwarteten Rolle als Regulativ der Vernunft gerecht wird.
    Es steht zu befürchten, dass mit Hilfe von enormen, mehr oder weniger gut versteckten Neuschulden jeglicher gesinnungsgetriebene Unsinn finanziert wird. Das war’s dann aber!

  5. Beim besten Willen kann sich kein normaler Mensch so etwas bieten lassen und auch noch bezahlen.
    wie kann man viel mehr und sofortigen Einfluss auf diese unglaubliche Verdummung der Buerger zulassen.
    wie koennen Zahlen verheimlicht werden, wie koennen wir den Unsinn aufhalten, habe Angst um meine Familien Kinder und Enkel
    Es wäre doch Zeit, die Grünen nach Grönland zu verladen.

  6. Ein gelungener Beitrag zur Entlarvung der Wölfe im Schafspelz der „Klimarettung“
    Was muss eigentlich noch alles geschehen, bis auch der letzte ahnungslose Michel in unserem Lande begreift, dass die planwirtschaftliche einseitige Ausrichtung der Energiepolitik auf die „Erneuerbaren“ eine Geisterfahrt in den volkswirtschaftlichen Ruin und in nicht erwünschte Abhängigkeiten (z.B. Gaslieferungen) bedeutet? Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes treiben rücksichtslose Ideologen, Lobbyisten und Profiteure der Energiewende ihr Unwesen auf Kosten von Natur- und Umweltschutz sowie auf dem Rücken der Verbraucher und der mittelständischen Industrie, die diesen Zwängen nicht ausweichen kann. Dabei hinterlassen zigtausende von Windkraftwerken und Solarpanel bislang keinen nachweisbaren „klimatischen Fußabdruck“, wohl aber eine ungeheure Menge an Umweltschrott und dauerhaften Schäden. Der Tribut für uns alle sind, neben den zerstörten Landschaften, die inzwischen höchsten Strompreise in der EU, die jetzt sogar zusätzlich noch vom Steuerzahler gedeckelt werden müssen! Wer stoppt endlich diesen energiepolitischen Irrweg nach Absurdistan?

  7. Moin zusammen aus Schleswig-Holstein,
    zur Zeit lässt sich unser Gemeinderat hinsichtlich der Ausweisung von Flächen für PV Anlagen beraten. Ich wäre sehr dankbar einen Hinweis über eine so großartige Ausarbeitung hinsichtlich PV Anlagen in Norddeutschland zu erhalten.
    Viele Grüße Thorsten Uhrbrock

    1. Servus Herr Uhrbrock,
      wie auch im Text schon ausgeführt gilt für PV-Anlagen in Norddeutschland tendenziell das gleiche wie für Windräder im Süden. Eher ungeeignet, wie die folgende, verlinkte Grafik schon auf den ersten Blick zeigt: https://www.baulinks.de/webplugin/2010/i/0584-photon1.jpg
      Allerdings ist der der Effekt weniger dramatisch als bei der Windkraft, weil der Energieeintrag bei der Windenergie mit der dritten Potenz zu- oder abnimmt, während bei PV normales Tageslicht auch ohne direkte Sonnenenstrahlung – je nachdem – noch 50-80% der installierten Leistung liefert. Die sogenannten Gestehungskosten sind aber auf jeden Fall vergleichsweise hoch und deutlich höher als zum Beispiel in Süddeutschland.

  8. Ich verweise auf den aktuellen Regionalplan Hessen Süd, in dem WKA in einer Zeit, in der 280m Gesamthöhe (GH) Stand der Technik wurde, auf eine GH von 200 m gedeckelt wurden.
    Das ist nach wie vor gültig. So wird Windenergienutzung politisch sabotiert statt strikt fachlich argumentativ beurteilt zu werden. Dabei ist es unerheblich, was sonst für und gegen WKA spricht.

    Interessant ist, dass diese subtile öffentlich rechtliche Attacke auf WKA kaum öffentlich ventiliert wird.

    Siehe auch http://www.igsz.de/WKA/Kommentar-6.pdf , Der 200m – Bluff

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