Es ist seit Jahrzehnten forstliche Tradition, die nach Sturm, Schneebruch und Borkenkäferbefall entstandenen Kahlflächen im Wald zügig wieder aufzuforsten. Man möchte den wirtschaftlichen Nutzen des Waldes mehren und jeden Quadratmeter Waldboden für die Holzproduktion konsequent nutzen. Während die Rendite der Waldbesitzer steigt, werden seltene und gefährdete Säugetier-, Vogel- und Insektenarten in ihrer Ausbreitung und in ihren Lebensraumansprüchen essentiell eingeschränkt und sind die Verlierer.
Kahlflächen im Wald im Focus der Windradplaner
Bedauerlicherweise haben auch Windradplaner seit einiger Zeit Windwurfflächen im Focus ihrer Bautätigkeit. Man bevorzugt zunehmend Waldblößen zum Bau von Windrädern, um einerseits artenschutzrechtliche Konflikte (scheinbar) zu verringern und um andererseits, aufsehenerregende Waldrodungen und ein dadurch verbundenes negatives öffentliches Echo zu vermeiden.
Eine aktuelle Raumnutzungsstudie der Wildkatze mithilfe der GPS-Telemetrie im Rothaargebirge beweist, dass Wildkatzen bevorzugt Windwurfflächen zur Jagd auf Kleinsäuger nutzen. Das Nahrungsangebot an Kleinnagetieren (Mäuse) ist auf ihnen deutlich höher als in dicht geschlossenen Wäldern. Zusätzlich dienen den scheuen Wildkatzen das verbliebene Astmaterial und die Wurzelteller als wichtige Rückzugs- und Deckungsmöglichkeit und als Ort der Jungenaufzucht. Die Raumnutzungsstudie kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass beim Bau von Windrädern auf Windwurfflächen im Wald ein aktuelles Konfliktpotenzial bestehe, wenn Kernjagdgebiete und vor allem Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Wildkatze überbaut oder während der sensiblen Aufzuchtphase gestört werden (Dietz et al. 2016).
Vögel- und Insekten profitieren von Waldblößen
Die Aufforstung oder Bebauung von Windwurf- und sonstigen Schadensflächen in Wäldern ist auch für Eulen und viele Vogelarten ein ökologisches Desaster: Sperlings-, Habichtskauz und Co. sind auf Mäuse als Hauptnahrung zwingend angewiesen und benötigen Freiflächen im Wald als Jagdgebiet. Der zunehmende Rückgang von Waldblößen war, neben der Verfolgung durch den Menschen, ein Hauptgrund für das Aussterben des Habichtskauzes zu Beginn des 20. Jahrhunderts . Pflanzenfressenden Wanzen, Spinnen und Käfern bietet die auf Kahlflächen entstehende üppige Sukzessionsflora wichtige Nahrung. Von einer hohen Insektenpopulation profitieren wiederum viele Vögel.
Der VLAB fordert in seinem Positionspapier Wald, anstatt der sofortigen Wiederaufforstung einer jeden Kahlfläche, eine punktuelle natürliche Sukzession zuzulassen. Der Bau von Windrädern in Wäldern ist gesetzlich zu verbieten.
Diese Forderung ist natürlich zu unterstützen, aber wer glaubt daran, den Kampf gegen den Kommerzwillen der Forstbesitzer zu gewinnen ? Der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Waldbesitzerverbandes, Dipl. Volkswirt H.G. Fischer, erläuterte am 6.1.2017 in der RZ seine Vorstellung von der Forstwirtschaft der Zukunft (Titel: “Wer Forstwirtschaft stärkt, schützt auch das Klima”). Wer in diesem Pamphlet auch nur ein einziges Wort zum Naturschutz findet, bekommt von mir einen Kastaniensetzling. Es sieht nicht gut aus für unsere Wälder. Die Globalisierung des Forstes schreitet voran.
Ich muss mir von den WEA-Fans anhören, dass solche Windwurfflächen wertlos sind und daher ideal für WEA.
Ich selbst sehe und dokumentiere, dass die Mannigfaltigkeit (altes Wort für Biodiversität) nach vergleichsweise kurzer Zeit in solchen Windwurfflächen höher ist als im Urzustand
mfg
Paul Guckelsberger
Hallo Herr Guckelsberger,
Danke für Ihren Beitrag. Windwurfflächen im Wald sind sicherlich nicht “wertlos”, sondern eher “wertvoll”. Aus der Urwaldforschung wissen wir, dass viele Artengruppen beispielsweise Insekten, Moose, Flechten, Landschnecken aber auch größere Beutegreifer, wie der Habichts-, Sperlings- und Rauhfußkauz von Kahlflächen in unseren Wäldern sehr profitieren. Windräder auf Windwurfflächen hat unsere Natur sicherlich nicht im Focus. Sie fördern weder die erwähnten Artengruppen, noch dienen sie dem Landschaftsschutz.