Wollten Sie in Wäldern oder auf markanten Landschaftserhebungen ein oder mehrere Gebäude errichten, müssten Sie einen langwierigen komplizierten Rechtsweg durchlaufen. Spätestens die einschlägigen Bau- und Naturschutzgesetze würden ihr Bauvorhaben, meist zurecht, zu Fall bringen. Ganz anders bei Windrädern:
Deren Bau wurde im Baugesetzbuch „privilegiert“ (§ 35 Bauen im Außenbereich). Ihr Bau darf nur abgelehnt werden, wenn sie die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigten oder das Orts- und Landschaftsbild verunstalten. Obwohl eine Beeinträchtigung der Landschaft und ihres Erholungswerts durch den Bau von über 200 Meter hohen Windrädern fast immer gegeben ist, wird dieser Aspekt in der verwaltungsrechtlichen Genehmigungspraxis und vor Verwaltungsgerichten nur in seltensten Fällen berücksichtigt (Merkur-online).
Ein gewichtigeres Problem dürfte jedoch die „Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes“ darstellen. Aber auch hier wurde von staatlicher Seite, unter Billigung des Bund Naturschutz in Bayern und des Landesbund für Vogelschutz, eine Umgehung naturschutzrechtlicher Gesetze und Verordnungen geschickt eingefädelt: Am 20.12.2011 beschloss der bayerische Ministerrat die “Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern” (Quelle Verkündung Bayern). In dieser für alle bayerischen Behörden gültigen Verordnung wurde die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zu Gunsten der Antragsteller signifikant eingeschränkt. So reduziert sich der mögliche Prüfungsumfang von bisher 386 auf 26 Vogelarten und von bisher 24 auf 8 Fledermausarten. Weiterhin ermöglicht die Verordnung die Errichtung von Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten und Naturpark-Schutzzonen. Ebenso ist zur Genehmigung von Windkraftanlagen kein Lärmgutachten mehr nötig, wenn die Anlage mehr als 1.000 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt ist. Als besonderes Geschenk an die Windkraftlobby ist die Tatsache zu werten, dass die potentiellen Windkraftbetreiber die naturschutzfachliche Wertigkeit des jeweiligen Baugebietes in Form eigener Gutachter feststellen können. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wertete in seinem Urteil vom 18.06.2014 (Az 22 B 13.1358) diese spezielle artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) zusätzlich auf: sie sei ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“.