Es war ein wunderbares Erlebnis, Ende Juni. Ich durfte einen jungen Adler in meinen Händen halten. Er war sehr ängstlich und ich spürte seinen rasenden Herzschlag. Das Gefieder des kleinen Fischadlers fühlte sich angenehm weich an. Es roch nach Reisig, den Blättern und dem Moos, das seinen Horst auf einer alten Kiefer irgendwo im Norden Bayerns auspolstert.
Ich kann es mir kaum vorstellen: Obwohl der kleine Kerl noch gar nicht fliegen kann, wird er zusammen mit seinen Eltern bereits in einigen Wochen, Anfang September, in sein Winterquartier nach Afrika ziehen. Ein langer, strapaziöser und sehr gefährlicher Weg liegt vor ihm. Er wird vermutlich die westliche Route über Frankreich, die Pyrenäen und anschließend über Spanien nehmen. Bei Gibraltar, dort wo nur wenige Kilometer Wasser die beiden Kontinente Europa und Afrika trennen, fliegt er in den afrikanischen Luftraum ein; ganze ohne Karten, Navi und Unterstützung durch Fluglotsen. In Marokko angekommen, wird er in einem Bogen entlang der afrikanischen Küste nach Süden ziehen, um dann im Senegal zu überwintern. An den Flüssen des Senegals und in den weitläufigen Lagunen des Atlantiks findet er gute Nahrung: kleine Fische.
Im kommenden Jahr geht es dann im März wieder zurück in die Oberpfalz. Hoffentlich klappt das und sie kommen wieder gut an. Dort gibt es momentan die einzigen 7 bekannten Brutpaare des Fischadlers in ganz Bayern. Die Männchen landen zuerst. Sie sind sehr standortstreu und kehren immer wieder an ihre Geburtsorte zurück; die Weibchen folgen etwas später.
Der Fischadler könnte eine gute Zukunft in Bayern haben, wenn nur die Windräder nicht wären. Dort, wo ich ihn in meinen Händen halten durfte, soll ein großer Windpark entstehen. Daniel Schmidt-Rothmund, der Fischadlerexperte sagt, diese Planungen seien schlimm, da der Adler wahrscheinlich von den Rotoren erschlagen werden würde. Nicht nur eine ganze Familie würde verhungern, sondern auch seine weitere Ausbreitung in Bayern wäre in großer Gefahr.
Den Projektierern der Windräder und den Investoren ist das alles ziemlich egal. “Ihm wird schon nichts passieren, er brütet auch am falschen Ort”, wird mir von den Planern und deren Gutachtern gesagt. Falls er getötet werden sollte, würde er für einen guten Zweck sterben: Der Rettung unseres Klimas wegen; Windräder seien eben alternativlos. Oder geht es vielleicht doch nur um Geld?
Vielen Dank für diesen wunderschönen Beitrag! Ein wirklich tolles Erlebnis. Danke fürs Teilen.
Beste Grüße aus Regensburg
Gerne. Danke. Liebe Grüße